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NEWSLETTER 02/2007



Brigitte Witzer Der Frühling beginnt …

… ob nun meteorologisch am 1.3. oder astronomisch am 21.3. mit der Tages- und Nachtgleiche, jedenfalls jetzt und hier. Sicher ist: Jedes Lächeln scheint sofort ein wenig strahlender. Ganz wunderbar!

Wenig zu lachen hatte ich Ende letzten Jahres bei amazon.de: Dort fand ich zu meinem aktuellen Buch zwei Verrisse, die mich richtiggehend verstörten. Mittlerweile ist der Schock verflogen und auch die Wut. Grund war nicht nur die bestürzend fremde Meinung, auch die am eigenen Leib erlebte Kehrseite der Demokratie im Netz hat mich so aus der Fassung gebracht – und zurück auf den Boden der Tatsachen.

Vor diesem Hintergrund entstand das Interview mit Britta Kroker, früher Programmchefin bei Campus, die 2006 den Onlinebuchhandel managementbuch.de gründete. Beim Lesen ihrer Antworten wird gut spürbar, wie wichtig ihr dieses „Baby“ wirklich ist - dahinter steht alles andere zurück. Die Unterschiede zwischen neuem und altem Buchhandel im Web sind für mich überzeugend; deshalb finden Sie auch auf der evolutionen-Website den Link zu dieser Plattform, nicht mehr wie früher zu amazon.

Frau Kroker ist sicher ein Profi in ihrem Geschäft. Wie steht es mit denen, die bislang fachliche Leistungsträger waren und zukünftig als frischgebackene Führungskräfte dem Unternehmen bei der Zielerreichung tatkräftig zur Seite stehen sollen? Für diejenigen, die sich mit der neuen Herausforderung als Führungskraft (unerwartet) schwer tun, passt vielleicht unsere Unterlage „Von der Fach- zur Führungskraft“. Dieser Anfang ist schwer, sagen (auch) die Fachleute.

Als letztes der Verweis auf das postheroische Management, den Wandel mit der Wirklichkeit und das Thema „Bewertungen“. Was es damit auf sich hat und noch einiges zu Hingabe und Kommunikation, das lesen Sie im letzten Text dieses Newsletters.

Ich wünsche Ihnen die Zeit, das Frühjahr zu genießen. Schauen Sie doch kurz aus dem Fenster – wann, wenn nicht jetzt?

Ihre
Brigitte Witzer


Menschen im Interview.

Interview mit Britta Kroker

Britta Kroker Britta Kroker, 41 Jahre alt, ist Geschäftsführerin von Managementbuch.de, einem Onlinehändler der zweiten Generation. Vorher war Frau Kroker jahrelang verantwortlich für das Programm des Campus-Verlags und damit auch entscheidend beteiligt an dessen Umbau vom wissenschaftlichen Fachbuchverlag hin zum renommierten Publikumsverlag.



evolutionen: Sie waren viele Jahre lang als Verlagsleiterin verantwortlich für das Programm von Campus. Seit letztem Sommer sind Sie selbstständige Unternehmerin. Wie hat sich dieser Wechsel vollzogen? Wie kam es dazu?

Britta Kroker: Ich konnte für den Campus Verlag viel erreichen. Heute aber ist die Handelsseite das spannendste Feld der Buchbranche und aus diesem Grund habe ich beschlossen, von der Buchproduzentin zur Buchhändlerin zu werden.

Hier befinden wir uns quasi am Tag 1 eines neuen Zeitalters. Immer mehr Menschen gehen ins Internet, um sich über Bücher zu informieren und dort auch zu kaufen. Bisher gibt es aber ausschließlich die großen Boulevard-Buchhandlungen wie Amazon, Bücher.de oder Buch.de. Man kann schnell und bequem einkaufen, aber es dreht sich alles nur um die Preisschnäppchen und aktuellen Bestseller.

Mit Managementbuch.de gehören wir der nächsten Generation der Onlinehändler an: Die gesamte Buchhandlung ist auf die Interessen von Unternehmern, Selbständigen, Entscheidern und allen beruflich engagierten Menschen ausgerichtet. Bei uns stehen Wirtschaftsthemen im Vordergrund, aber auch die aktuellen politischen Sachbücher, interessante Biografien und die besten Ratgeber.

Ich bin überzeugt davon, dass wir schon bald viele andere spezialisierte Anbieter sehen werden, denn wie soll man sich sonst in einem Angebot von 1,5 Mio. Produkten orientieren?

Was bedeutet das für Ihr Leben? Sie sind jetzt 41 Jahre alt – was heißt das für Ihren Lebensentwurf, für Ihre Idee von einem erfüllten Leben?

Ich bin ein „Workeuphoric“, um einen schönen Begriff von Herrmann Scherer zu nutzen. Es macht mir Spaß aufzubauen, zu verbessern, Neues in die Welt zu bringen. Man kann das im Angestelltenverhältnis tun und dabei große Befriedigung erfahren – vor allem, wenn man die entsprechenden Freiräume hat. Aber natürlich macht es besonders große Freude, etwas Eigenes zu bauen und die strategische Ausrichtung eigenverantwortlich zu bestimmen. Ich arbeite mit einem großartigen Team, habe nach wie vor viel mit Autoren zu tun, beschäftige mich mit interessanten Inhalten, darf mir jeden Tag Gedanken machen über interessante Kooperationsangebote und folge einer Vision. Damit lebe ich ein sehr erfülltes Leben, auch wenn es in dieser Aufbauzeit ein sehr anstrengendes Leben ist.

Was bedeuten für Sie Bücher, insbesondere Managementbücher?

Bücher erleben deshalb nach wie vor eine so große Wertschätzung in unserer Medienwelt, weil hier oft die Gedankenarbeit mehrerer Jahre enthalten ist, weil hier geschlossene Konzepte präsentiert werden und weil die Autoren, wissend, dass sie „für die Ewigkeit“ schreiben, sehr sorgfältig arbeiten. Das gilt auch für Managementbücher, die immer wieder die Macht entfaltet haben, das Handeln in den Unternehmen nachhaltig zu beeinflussen.

Wo liegt der Unterschied zwischen Amazon und Ihrer Seite managementbuch.de?

Amazon hat sich zum allgemeinen Warenhaus entwickelt, in dem es auch eine Buchabteilung gibt, in der aber Preisschnäppchen und Bestseller im Vordergrund stehen. Managementbuch.de ist dagegen das „Feinkostgeschäft“ mit einem genau auf seine Besucher abgestimmten Angebot. Amazon setzt allein auf die technisierte Einspielung der Buchtipps sowie auf Kundenbewertungen. Managementbuch.de gibt dagegen fachlich fundierte Empfehlungen und in über 100 Kategorien auf einer Seite den Überblick: was sind die relevanten Neuerscheinungen, was die besten Bücher zum Thema. Wohin wollen Sie dieses Angebot entwickeln? Welche Optionen sehen Sie?

Wir werden jeden Tag weiter daran bauen, für die wirtschaftlich interessierten und beruflich engagierten Menschen die bevorzugte Medienhandlung zu sein. Momentan liegt der Schwerpunkt unseres Angebots auf Büchern und Hörbüchern. Wir werden aber nach und nach auch Downlaods anbieten, interessante Studien und Seminarangebote. Wir laden Experten wie Autoren live auf die Plattform ein, werden Onlinekurse anbieten und eines Tages auch dem Leser ermöglichen, direkt mit den Autoren zu kommunizieren. Wir erleben gerade eine neue Medienrevolution und wir wollen das Beste daraus für unsere User nutzbar machen.

Danke für das Gespräch!

Mit Britta Kroker sprach Brigitte Witzer.


Instrumente des Coachings.

Von der Fach- zur Führungskraft



Wenn erfolgreiche Leistungsträger nach einigen Jahren im Unternehmen eine Führungsaufgabe übernehmen, scheint das der konsequente nächste Schritt zu sein. Und ein Kompliment. Gleichzeitig bedeutet dieser Schritt allerdings, noch einmal unten anzufangen, nämlich als Führungskraft. Der ehemalige Star und Leistungsträger macht einen Schritt nach vorne, der zunächst meist auch „nach unten“ führt – nach unten in der Unternehmenshierarchie nämlich. Meist beginnt die frischgebackene Führungskraft auf einer niedrigen Ebene in der Führungshierarchie und muss aus dieser eher schwachen Position heraus eine völlig verändere Aufgabe wahrnehmen – möglicherweise sogar ehemalige Kollegen führen. Das bedeutet viel Reflexion, Lernen, ganz neue Erfahrungen. Und außerdem:

Bisher ... Zukünftig ...
... hing der Erfolg vom eigenen Fachwissen und vom eigenen Handeln ab. ... geht es darum, Ziele zu setzen und diese dann auch zu erreichen – und zwar für eine ganze Gruppe.
... konnte sich der Leistungsträger in seiner Nische ausgezeichnet entwickeln. ... ist die Führungskraft immer sichtbar.
... hat die Fachkraft wenig Fehler gemacht und die Fehlerquote möglicherweise sogar ständig reduziert. ... werden im Handeln für das Team und sich selbst automatisch Fehler anfallen, weil Reaktionen und Wirkungen auf das eigene Handeln erprobt und erfahren werden müssen.
... war man jemand. ... gibt es eine neue berufliche Identität.
... hat sich der Leistungsträger mit seinem Vorgesetzten verständigt und abgesprochen. ... geht es darum, sich mit seinem Vorgesetzten zu verständigen und die Konsequenzen weiter zu denken, also mit den Mitarbeitern auszuhandeln.


Linda A. Hill hat den Unterschied zwischen Mythos und Realität in ihrem Buch „Becoming a Manager“1 in etwa folgendermaßen aufgezeigt:

  Illusion Realität
Charakter der neuen Rolle Autorität

„Ich kann meine Ideen umsetzen.“
Notwendigkeit zum Aushandeln

„Jemand, der hierarchisch unter mir steht, kann dafür sorgen, dass ich meine Ziele nicht erreiche – bis hin zur Entlassung.“
Macht Formale Autorität

Macht wird per Auftrag oder per definitionem zuteil.
Fehlender Respekt

Respekt muss verdient werden.
Zielerreichung Kontrolle

Die Illusion lautet: alle müssen und werden mir gehorchen. Ich muss die Ergebnisse nur kontrollieren.
Beteiligung, Engagement

Die Menschen müssen befugt sein, sich einzubringen und Dinge auf ihre Weise zu tun – dann engagieren sie sich für die Ziele, die der Vorgesetzte verabredet.
Führungsaufgabe Mitarbeiter, Team

Illusion: nur die Mitarbeiter müssen geführt werden.
Mitarbeiter und alle anderen Stakeholder des Teams sind zu führen

Der Kontext ist zu managen, und das aus einer Position relativer Schwäche heraus (eher niedrige Hierarchie im Unternehmen)
Mitarbeiterführung
(= Management-Schwerpunkt)
Jeden einzelnen Mitarbeiter führen

Illusion: Wenn ich mit jedem einzelnen zu recht komme, dann führe ich alle optimal.
Die Gruppe führen

Eine Teamatmosphäre schaffen, die es der gesamten Gruppe erlaubt, ihr volles Potenzial zu entfalten.
Zentrale Herausforderung Reibungslosigkeit

Arbeitsabläufe gut organisieren
Leistungssteigerung

Veränderungen auch in übergeordneten Abläufen erreichen
Vorgesetzter Mentor und Förderer Ist immer auch:

a. Bewerter der Führungsleistung und
b. Stakeholder, also zu führen

Und damit ggfs. im Interessenskonflikt


Besondere Herausforderungen liegen zudem in folgenden Themen:

  • die neue Führungskraft war bislang Mitglied im Team
  • die neue Führungskraft versteht sich als Berater und Coach, will aber nicht führen
  • die vorgesetzte Führungskraft erwartete reibungslose Abläufe, das Unternehmen erwartet aber Veränderungen und Leistungssteigerungen. Diese letzte Erwartung wird möglicherweise nicht ausgesprochen.
  • die neue Führungskraft ist deutlich jünger, unerfahrener und fachlich weniger kompetent als das Team.


Zentrale Fragen zu Beginn einer Führungsaufgabe sind entsprechend:

  1. Wie baue ich Glaubwürdigkeit und Respekt auf?
    Hinderlich ist hier oft die eigene fachliche Kompetenz, die die Glaubwürdigkeit als Manager durchaus untergraben kann. Positiv wirkt eine Kombination aus Persönlichkeit zeigen und gleichzeitig dem deutlichen Willen, das Richtige zu tun.

  2. Wie zeige ich meine Kompetenz?
    Hinderlich ist es, als Mikromanager, Detail- und Kontrollfreak aktiv zu werden. Positiv wirken Fragen, die die Kompetenz der anderen abholen sowie der zügige Aufbau starker Netzwerke rund um das Team.

  3. Wie entwickele ich das Engagement meines Teams?
    Absolut hinderlich ist zu erwarten, dass die Leute es auf meine Weise tun – sie müssen es auf ihre eigene Weise tun dürfen. Entsprechend positiv ist es, wenn Mitarbeiter die Erlaubnis haben, die Initiative zu ergreifen und sich befugt fühlen, die gemeinsamen Ziele auf ihre Art zu erreichen. Hilfreich außerdem: Fragen, Fragen, Fragen.

  4. Wie manage ich ein Team (und nicht jeden einzelnen)?
    Hinderlich ist es, Einzelbeziehungen in den Vordergrund zu stellen. Positiv wirken zum einen klare Spielregeln (Teamkultur), zum anderen von Anfang an die Diagnose und Analyse von Problemen im gesamten Team.

  5. Wie bewirke ich die richtigen Veränderungen?
    Hinderlich ist es, nur von oben gewünschte Veränderungen zu akzeptieren und umzusetzen. Positiv wäre die Haltung, sich als Initiator von Veränderungen zu begreifen: Ich stelle Abläufe und Strukturen in Frage, die über den eigenen formalen Autoritätsbereich hinausgehen, sich aber auf die Leistung meiner Abteilung auswirken.

  6. Welches Bild von Verantwortung sollte ich haben?
    Hinderlich ist es, Verantwortung zu eng zu sehen, also z.B. Misserfolge anderen Vorgesetzten zuschreiben oder darauf warten, dass andere ihre Hausaufgaben machen. Positiv wirkt sich aus, den Kontext des Teams zu verändern (und dabei die fehlende eigene formale Autorität zu ignorieren).

  7. Wo bekomme ich Rat und Hilfe?
    Hinderlich ist es, sich nur auf den Vorgesetzten zu verlassen – selbst wenn dieser gut coacht. Dennoch gibt es immer das Dilemma, dass der Vorgesetzte nicht nur fördert, sondern auch die Leistung beurteilt und damit bei zu vielen Hilferufen möglicherweise schnell das Vertrauen verliert. Positiv zahlt es sich aus, sich Mentoren in anderen Unternehmensbereichen oder vielleicht sogar in anderen Unternehmen aufzubauen.


1Hill, L. A. : Becoming a Manager. Harvard Business School Press, 2. Auflage 2003.


Postheroische Manager und Veränderungsmanagement.

Hingabe, Kommunikation und Verzicht auf Bewertungen2



Im letzten Newsletter ging es um die generelle Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen und mit ihnen adäquat umzugehen. Heute stehen im Mittelpunkt die Themen „Hingabe“ und „Entwertungen“ – zwei Stichwörter, die im Managementkontext eher nicht populär und eher selten zu finden sind. Für mich bezeichnen sie aber zwei wesentliche Erfolgskriterien für alles, was als Change im Unternehmen vor sich geht. All das braucht Kommunikation, wie sich am Ende zeigt. Konkret bedeutet das zunächst für das Thema „Entwertung“, dass Veränderungsbereitschaft bestens ergänzt wird durch die Bereitschaft, auf das Geschehen wertfrei zu schauen. Was bedeutet wertfrei hier? Die folgende kurze Geschichte mag das verdeutlichen:

Ein Bauer und seine zwei Söhne hatten einen Hof, der gerade für das Auskommen reichte. Eines Tages lief ihnen der Ackergaul, der ihnen die schwere Feldarbeit erleichterte, fort. „Furchtbare Sache“, meinten die Nachbarn. „Wie ihr meint“, antwortete der Bauer. Zwei Tage später kam das Pferd zurück und brachte noch zwei andere Pferde mit. „Was für ein Glück“, sagten die Nachbarn. „Wie ihr meint“, antwortete der Bauer. Einer der Söhne wollte eines der Wildpferde zähmen und brach sich dabei ein Bein. „Wie furchtbar!“ sagten die Nachbarn. „Wie ihr meint“, antwortete der Bauer. Der andere Sohn ritt mit dem gleichen Pferd davon und war drei Tage später immer noch nicht zurückgekehrt. „Das wird ein Unglück sein“, sagten die Nachbarn. „Wie ihr meint“, antwortete der Bauer. Am folgenden Tag holten Soldaten alle wehrfähigen Männer des Dorfes für den Krieg. Den kranken Sohn des Bauern konnten sie nicht gebrauchen. Der andere war noch nicht zurückgekehrt. Glück? Unglück?

Wertungsfreiheit bedeutet nun aber nicht, ohne Standpunkt zu sein. Es heißt vielmehr, sich statt einer Bewertung (Auf- oder Abwertung) ein Urteil „auf Augenhöhe“ zu bilden. Der Unterschied liegt darin, dass ich bei der Bewertung die Sache oder mein Gegenüber „verschiebe“, um etwas mehr Distanz zwischen mich und das andere zu bringen. Beim Urteil fällen trete ich selbst einen Schritt zurück und verschaffe mir einen nüchternen Überblick aus gleicher Höhe, aber mit unterschiedlicher Nähe zum beurteilten Gegenstand.

Bildhaft dargestellt: Bewertung heißt, durch die Ab- oder Aufwertung des anderen mehr Distanz herzustellen:


Sie erinnern sich an den mathematischen Satz, dass das Quadrat über der Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks die Summe der Quadrate über den beiden Schenkel ergibt? Auf gut postheroisch: Die Strecke zwischen A und B ist deutlich länger, wenn B „tiefer“ steht. Gleiches gilt auch für eine Aufwertung: Wenn das Dreieck sich umgekehrt darstellt, ist die Distanz größer als wenn beide sich auf der Gerade bewegten.

Und da wir andere Menschen oder Dinge nicht bewegen können, uns aber nicht bewegen wollen (oder auf die Idee nicht verfallen), greifen wir zum Mittel der Abwertung und schaffen so die Distanz, die für uns nötig ist.

Die korrekte Lösung wäre natürlich eine andere. Und zwar könnte A einfach einige Schritte zurückgehen und eine andere Beobachtungsposition einnehmen, um eine andere Nähe-Distanz-Situation herzustellen:

A <= A _____________________________________________________ B

Veränderungsmanagement bedeutet auch, die eigene Bereitschaft zur Bewegung, zur Veränderung zu hinterfragen und sicherzustellen. Da, wo eine Ab- oder Aufwertung vorliegt, gibt es Grund, kritisch nachzusehen: Wo will oder kann ich mich nicht bewegen?

Für einige Leserinnen und Leser mag es befremdlich sein, dass auch Aufwertungen als Problem betrachtet werden. Aus meiner Sicht auf die Dinge ist es in der Tat der gleiche Mechanismus, der bei Auf- und bei Abwertung trägt. In beiden Fällen schaffe ich mehr Distanz als ursprünglich vorhanden, indem ich die Dinge oder Menschen bewerte. Für mich, ehrlich gesagt, immer eine Anmaßung. Bewerten ist identisch mit entwerten.

Die in dieser Gesellschaft so hoch bewertete Mutter: hat sie wirklich nüchtern betrachtet den gleichen Anteil am Leben wie alle anderen, vom Bischof bis zur kinderlosen Frau? Aufwertung ist meist beschönigend, immer aber distanzschaffend. Wenn ich den Menschen, den ich sehr schätze, überhöhe, dann steht er auf einem Sockel – ein Denkmal, das ich regelmäßig putzen kann, aber mit dem ich nicht in Kontakt komme. Bewertung schafft Leblosigkeit, und insofern ist auch eine Aufwertung nichts, dessen man sich rühmen dürfte.

Was ist neben der Überprüfung von Bewertungen weiterhin wesentlich? Aus meiner Beobachtung und Erfahrung gehört außerdem etwas dazu, das ich Hingabe nennen möchte: Es handelt sich um eine große innere und äußere Bereitschaft, um mehr als bloße Offenheit für überraschende, neue, andersartige Lösungen, für alles, was kommt. Hingabe hat viel mit sich einlassen zu tun. Ein postheroischer Manager sieht die Möglichkeiten und – er springt mitten hinein.

Heroische Führungskräfte sind in Situationen von Wandel und notwendiger Veränderung schnell überfordert und handeln oft entweder unverantwortlich oder verantwortungslos. Sie beharren auf Vergangenheit, stellen sich quer zu positiven Veränderungsvorschlägen anderer. Möglicherweise fehlt ihnen das „innere Instrument“? Ich denke, emotionale Resonanz hilft hier den postheroischen Managern ganz anders weiter.

Wer die großen Chancen im schwelenden Konflikt oder im nahenden Scheitern erkennt, hat viel zu kommunizieren, um Mitarbeiter, Kollegen, auch Vorgesetzte oder Aktionäre und den Aufsichtsrat zu gewinnen, diese Chance zu nutzen und darauf zu setzen. Das ist unmittelbar einsichtig, vor allem da, wo der Abstand zwischen dem Management und einer der gerade genannten Interessensgruppen besonders groß ist. Das kann beispielsweise in Unternehmen der Fall sein, die erst in den letzten Jahren mit Veränderungen konfrontiert wurden und jetzt quasi im Eilverfahren zu lernen haben, ein für das eigene Unternehmen angemessen Veränderungs¬management zu betreiben. Das lässt sich bei den ehemaligen rein staatlichen Unternehmen wie Post oder Telekom in Deutschland ausgezeichnet beobachten.

Dabei ist es im Grunde nicht wichtig, ob die Veränderung von außen an das Unternehmen herangetragen wird oder aus dem Unternehmen selbst heraus entwickelt wurde. In beiden Fällen erfordert die Vermittlung der Veränderung kommunikativ alle Ressourcen des Managements. Das gilt für den Beginn des Veränderungsprozesses, sehr viel mehr aber noch für die kommunikative Begleitung der nächsten Schritte.

Am schwierigsten wird es für die Kommunikation des Managers aus dem Veränderungsprozess heraus immer dann, wenn die oberen Hierarchie-Ebenen schon in der veränderten Wirklichkeit angekommen sind, die Mitarbeiter aber noch mit der Veränderung kämpfen. Dann wird die Notwendigkeit nicht mehr so ursprünglich und direkt wahrgenommen, das Bedürfnis nach Erläuterung, nach Zusammenhängen und nach neuen Perspektiven rutscht aus der Hauptwahrnehmung heraus. Damit ist immer zu rechnen, das lässt sich auch systematisch angehen. Im Unterschied zu dem schwerer wiegenden Problem, das gerade auch ehemals staatliche Unternehmen trifft: Die weit aufspringende Schere zwischen der Veränderungsbereitschaft des Managements und dem Beharrungsvermögen der Mitarbeiter. Beides ist legitim und macht zugleich eine wirklich Brücken schlagende Kommunikation erforderlich.

Es liegt auf der Hand, wie aufwendig und anstrengend Führung sein kann, wenn der Manager proaktiv agiert, seine Mitarbeiter aber gewohnt sind, reaktiv zu handeln. Da erlebt man schon einen einzigen aktiven Mitarbeiter als Lichtblick. Und doch geht es auch für diesen darum, in Zukunft anders zu agieren, in eine andere Haltung zu kommen – eben proaktiv mit seiner Aufgabe umzugehen. Ein postheroisches Management mit reaktiven Mitarbeitern wird auf Dauer nicht möglich sein.

Auch bei diesem Paradigmenwechsel ist Kommunikation gefragt und kann helfen, indem sie auf neue Einsichten zielt. So wissen wir alle, dass sich Verstehen nicht rückgängig machen lässt. Hat ein aktiver Mitarbeiter verstanden, um was es geht und was gefordert ist, dann bestehen Chancen auf Wandel. Doch meist geht es nicht um einen Mitarbeiter, sondern es geht um viele Menschen. Kommunikation in Unternehmen mit hohem Veränderungsbedarf und einer großen Diskrepanz zwischen Haltung des Managements und Haltung der Mitarbeiter erfordert entsprechend Redundanz, hoch emotionalisierter Rede, bildhafte Sprache, Beispiele.

In Summe: Veränderungsmanagement braucht Mut, braucht Kommunikation und eigene Beweglichkeit, auch wenn man schon einen Standpunkt hatte.

2 Angelehnt an: Brigitte Witzer, Die Zeit der Helden ist vorbei. Kapitel 2: Führungskunst. Redline-Wirtschaft, 2005.
Impressum
evolutionen
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Adenauerallee 132a, 53113 Bonn
Handelsregister Bonn, HRB 13365

Tel.: +49 (0) 228 – 4 54 91 97
Fax: +49 (0) 228 – 6 29 63 15
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