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NEWSLETTER 06/2006



Brigitte Witzer

mit guter energie und tatendrang…

… gehen wir hier in der Bonner Adenauerallee den Spätsommer an. Gründe dafür gibt es mehr als genug. Drei wichtige:

Neu ist (erstens) als Projektpartnerin Eva Elisabeth Mahler-Behr, die mit Frische und Klugheit ihre Lebens- und Weiterbildungserfahrung einbringt. Ihr Thema ist, pauschal gesagt, der kreative Dialog. Was darunter zu verstehen ist, lesen Sie im Interview. Das Produkt „Shadowing“, das ebenfalls vorgestellt wird, macht praktisch deutlich, wie Genauigkeit besonders Führungskräften neue Optionen liefern kann. Vielleicht eine Idee für Sie bei festgefahrenen Gruppen- oder Teamprozessen?

Zweitens hat Cornelia Papsch als Junior Business Coach in der letzten Woche bei evolutionen angefangen. Herzlich willkommen! Das bedeutet neben neuem Schwung und Fröhlichkeit in den Räumen auch ein erweitertes Angebot: Typisch für eine Juniorin sind natürlich Juniorinnen-Produkte. Dazu gehört ein Einzelcoaching für junge Führungskräfte ebenso wie unser Einstieg in die Organisationsaufstellung.

Dieses Instrument verbirgt sich nämlich (drittens) hinter dem Namen „Die Macht der Systeme“. Vom 22. September an bieten wir Unternehmerinnen und Unternehmern die Möglichkeit, mit Organisationsaufstellungen kraftvolle Lösungsstrategien für eigene Themen zu entwickeln und das in einer vertrauensvoll arbeitenden, lebendigen Gruppe von Menschen mit ähnlichen Feld- und Unternehmenserfahrungen. Mehr Hintergrundinformationen finden Sie im Plädoyer von Cornelia Papsch, konkrete Termine und Kosten im Produkt und beides natürlich auch auf der Website.

Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören, Sie zu sehen, mit Ihnen zu telefonieren, etwa wenn Sie dieser Newsletter inspiriert und auf solche Ideen bringt. Sie sind uns auch in der zweiten Jahreshälfte herzlich willkommen!

In diesem Sinne grüßt Sie sehr gern

Ihre
Brigitte Witzer


MENSCHEN: Kreativität, Genauigkeit und was das Ihnen im Management bringt

INTERVIEW MIT eva e. mahler-behr


Projektpartnerin von evolutionen

Guido Bolten Eva E. Mahler-Behr kam über den Brandeins-Artikel zu „Leadership“ im Februar mit Brigitte Witzer ins Gespräch. Es gab sofort einen direkten Draht, der sich bei den Themen Genauigkeit und Anspruch als besonders fest erwies. Hohe Ansprüche zu haben und den Weg dorthin als kreative Leistung zu begreifen, das verband von Anfang an. Mittlerweile verbindet noch mehr: Zum einen das Produkt „Shadowing“, das ebenfalls im Newsletter vorgestellt wird, und zum anderen das Projekt „Produkte für Berufszielklarheit“. Die erfahrene Weiterbildnerin ergänzt unser Team wunderbar.

Das folgende Gespräch führte Brigitte Witzer.

evolutionen: Wir sind alle so ungeheuer lösungsorientiert, dass sich fast keiner mehr traut, ein Problem näher anzuschauen. Wie halten Sie es mit Problem und Lösung?

Eva E. Mahler-Behr: Genau darin liegt oft das Problem, dass mit der Fixierung auf die Lösung das Problem nicht ausreichend angeschaut und analysiert wird. Übrigens scheitert gerade daran oft der erfolgreiche Einsatz kreativer Techniken! Wir haben uns zwar angewöhnt, Probleme als Herausforderungen zu sehen, aber wir tun uns schwer, aus dem uns vertrauten Rahmen herauszutreten.

Bei genauer Betrachtung und das aus verschiedenen Blickwinkeln lässt sich meist die Ressource zur Lösung im Problem selbst erkennen. Es kann von hoher Relevanz sein, notwendig zu lösende Probleme zunächst umzudefinieren und damit den Spielraum zu verändern oder sogar zu erweitern. Bei mir persönlich greift dann meistens die Strategie aktueller Stressvermeidung, um die Energie für Problemwahrnehmung möglichst wenig einzuschränken. Es kommen dann Lösungen in den Blick, die ich mir zunächst gar nicht vorstellen konnte, die sich aber oft als viel passender für die Problemlage erweisen.

Ein solches kreatives Verhalten setzt allerdings Vertrauen in die Entwicklungsdynamik einer Prozessorientierung voraus; für Menschen mit ausgeprägtem linearen Denken und der Orientierung an Zahlen, Daten, Fakten gilt diese Art der Lösungsfindung leicht als nicht effizient und zielorientiert genug, ohne dass dabei jedoch die Effektivität angemessen berücksichtigt worden wäre. Dabei verstehe ich unter Effizienz die Fähigkeit, die Dinge richtig zu tun, und unter Effektivität, die richtigen Dinge zu tun.

evolutionen: Sie sprechen hier kreatives Verhalten an. Was hat Kreativität mit Business zu tun? Natürlich beanspruchen wir alle (ebenso viele Manager) Kreativität für sich – wovon sprechen Sie hier konkret?

Eva E. Mahler-Behr: Dem Anspruch auf Kreativität liegt häufig ein instrumentelles Verständnis zugrunde, das den Einsatz spezieller Techniken für bestimmte Fragestellungen meint – also etwa Brainstorming oder Mindmapping als kreatives Instrument in Gruppenprozessen.
Ich verstehe Kreativität als eine spezifische Fähigkeit zum Denken und Handeln, die uns in einem dialogischen Prozess ermöglicht, Wechselwirkungen komplexer Systeme angemessen zu bewältigen und gleichzeitig sich den ständig verändernden Anforderungen gegenüber gewachsen zu fühlen. Konkret kann das bedeuten, die eigene Perspektive bzw. den Blickwinkel flexibel zu verändern und bewusst unterschiedliche Abstände für einen neuen Überblick herzustellen. Kreativität in diesem Sinne bedeutet dann auch, den Mut zu haben, verschiedene Optionen zu zulassen und nicht voreilig bewertende Einschränkungen vorzunehmen.

Das erfordert natürlich im Anschluss eine zielführende Entscheidung. Dafür muss man aushalten können, dass Entscheidungen ihre Zeit brauchen. Unter Zeitdruck kann nicht schneller gedacht, dafür mehr übersehen werden.

Das kreative Verhalten im dynamischen Prozess, den wir überall dort finden, wo Menschen beteiligt sind, kann vertraute Wahrnehmungs- und Handlungsmuster neu strukturieren, umgestalten und somit im noch so engen Spielraum neue, vielleicht sogar innovative Aspekte entdecken.

evolutionen: Wichtige Dinge nicht übersehen – dafür genau wurde das Shadowing entwickelt. Es verlangt Ihnen als Mitwirkende viel ab. Wie sind Sie dazu gekommen?

Eva E. Mahler-Behr: Im Zusammenhang mit meiner Entscheidung für die berufliche Selbstständigkeit habe ich mich verstärkt mit meinen Ressourcen auseinandergesetzt. Dabei wurde mir der Wert von genauer Wahrnehmung für die Reflexion spezifischer Erfahrungen besonders deutlich. In der Integration von divergentem Denken mit der klaren Strukturierung von zukunftsoffenen Prozessen liegt nach meiner Überzeugung die kreative Energie für Veränderung.
So konnte im kreativen Dialog das vorliegende Produkt „Shadowing“ entwickelt werden. Die Herausforderung besteht für mich darin, die vielfältigen Wirkungsfaktoren vor Ort aufzugreifen, um damit zu prozessorientierter Umgestaltung anzuregen und so kreative Lösungen zu ermöglichen. Ein typisches Beispiel: Eine verfahrene Teamsituation. Die Führungskraft hat vieles probiert und ist mit ihrem Latein am Ende. Da kann der präzise und geschulte Blick von außen neue Impulse geben und die Spielräume deutlich erweitern.

evolutionen: Genauigkeit der Wahrnehmung ist Ihnen und uns wichtig. Wo liegt nach Ihrer Erfahrung der Nutzen?

Eva E. Mahler-Behr: Es ist die Genauigkeit im Beobachten und Zuhören, die ich insbesondere in Veränderungsprozessen schätzen gelernt habe.
Oft genug werden Entscheidungen vorschnell und unter dem Eindruck zukunftsrelevanter Vermutungen getroffen. Der Nutzen der Genauigkeit liegt für mich in der möglichst differenzierten Wahrnehmung zwischenmenschlicher und sachbezogener Zusammenhänge. Diese lassen sich dann im weiteren Prozessverlauf situationsgerechter und passgenauer bewerten und bearbeiten.

evolutionen: In welcher Rolle sehen Sie sich mit dem Shadowing im klassischen Coaching-Zusammenhang?

Eva E. Mahler-Behr: In meiner pädagogischen Arbeit mit Gruppen und den sich daraus ergebenden Beratungssituationen verstehe ich mich als Moderatorin von Lernprozessen. Ähnlich sehe ich das im Shadowing: Kunde und Coach erhalten von mir als Beraterin Impulse für erweiterte Wahrnehmungs- und Handlungskonzepte.

Das Lernen für Innovation und Veränderung im kreativen Dialog ist für mich ein spezifischer Baustein im Coaching-Prozess, der mit diesem Begriff eine eigene Wertschätzung sowie Professionalität erhält.

evolutionen: Danke für das Gespräch!


Methoden im Coaching: Organisationsaufstellungen für kleine und mittlere Unternehmen

PlÄdoyer fÜr Organisations-
aufstellungen: Ein Instrument zur LÖsung komplexer Probleme fÜr Entscheider und Unternehmen



Was sind und wozu dienen Organisationsaufstellungen in Unternehmen?

Zwei angestrebte Ergebnisse von Organisationsaufstellungen sind: erstens klare Führung und zweitens der Erhalt des Systems Unternehmen. Im Vergleich zu anderen Methoden der Organisationsberatung sind sie zum einen durch „Abbildungen“ mit vergleichsweise geringem zeitlichem Aufwand verbunden. Zum anderen bringen sie in kürzester Zeit auch unbewusste, aber entscheidende Informationen über die Ursachen von Konfliktstrukturen und Dynamiken in Unternehmen, Abteilungen und Geschäftsbeziehungen ans Licht. Informationen, die oberflächlich gar nicht oder zumindest nicht in der Kürze der Zeit zugänglich sind und dann zu verblüffenden „Erkenntnissen“ führen.

Menschliche Organisationen haben nicht nur ein Bedürfnis nach Führung, sie können sich bei unklarer Führung auch nur unter großen Reibungsverlusten produktiv erhalten. Das mag erstaunen, sogar provozieren im Zeitalter von demokratischen Strukturen und flachen Hierarchien, von Projektarbeiten und Matrixorganisationen. Aus der Aufstellerperspektive lässt sich dennoch beobachten, dass unklare Verantwortungsbereiche, verzögerte oder uneindeutige Entscheidungen sich unmittelbar kontraproduktiv auf den Arbeitsprozess in Unternehmen auswirken. Sie stehen oft unmittelbar im Zusammenhang mit den systemischen Grundordnungen und ihren Wirkungen in Unternehmen.

Organisationsaufstellung ist ein Instrument, das eindeutige Aussagen über die systemischen Ursachen von Fehlentwicklungen zulässt und dauerhafte Veränderungen möglich macht. Es besitzt diagnostischen sowie prognostischen Wert, was seine Verschiedenheit von etwaigen Beratungsansätzen ausmacht. Dabei arbeitet es auf zwei verschiedenen Ebenen - der Unternehmensebene und der Ebene des einzelnen Systemmitglieds.

Aufstellungen nutzen bei der Diagnose die menschliche Wahrnehmung und intuitive Bilder. Das heißt, sie gehen über die vom Verstand zur Verfügung gestellten Daten hinaus. Bildhaft. Ein Beispiel für eine solche Abbildung: Die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens werden durch einzelne Menschen repräsentiert und in den Raum gestellt. Dieses Bild weitet den Blick für das Wesentliche am Zustand des Unternehmens, lässt eine andere Perspektive zu. So kann eine Organisationsaufstellung im wahrsten Sinne des Wortes im Raum „abbilden“, nach welchen Gesetzen ein System, ein Unternehmen funktioniert. Sie sucht direkt und unmittelbar nach Antworten. Sie diagnostiziert in kürzester Zeit welche Dynamiken im System Unternehmen wirken. Gleichzeitig nutzt sie dabei Augenblicke der Stille, Offenheit und tieferen Wahrnehmung. Das Wirken von Beziehungsdynamiken in Systemen, Möglichkeiten für deren Veränderung und Lösung werden erkennbar. Eine Mäßigung der Intuition durch die Vernunft ist dabei immer gegeben: In Systemaufstellungen verbinden sich unter anderem die phänomenologische Praxis, also das (An-)Erkennen eines ersichtlichen Phänomens), und das systemtheoretische Denken. Jede Organisation ist ein lebendes System und natürlicherweise ist jedes lebende System ein Geflecht von Beziehungen.

Aus konstruktivistischer Sicht sind wir „die Macher“. Wir erschaffen uns unsere Realität selbst. Es existiert keine Realität außerhalb unserer Wahrnehmung. Aus phänomenologischer Sicht ist das nur eine Seite der Wirklichkeit, denn sie erkennt an, dass uns hier ebenso Grenzen gesetzt sind: Diese gilt es zu achten, will man ein Unternehmen klar und erfolgreich führen. Systeme funktionieren nicht so, wie wir es wollen und glauben kontrollieren oder steuern zu können. Vielmehr funktionieren wir nach ihren Gesetzen und Ordnungen. Das Gleiche gilt für die Erfolge und Ergebnisse von Unternehmen. Daraus erschließt sich ein vielleicht beängstigendes Gefühl von Ohnmacht. Umso erstrebenswerter erscheint die Möglichkeit Einblick in diese Dynamiken von Systemen zu erlangen. Unsichtbare Beziehungsgeflechte sichtbar zu machen - also Ungreifbares greifbar, mit dem Ziel: gute Lösungen auf jeder Ebene eines Unternehmens zu finden. System- und Organisationsaufstellungen ermöglichen diese Einblicke in Systemstrukturen. Risiken und Nebenwirkungen: Die Eröffnung neuer Möglichkeiten.

Die Grenzen einer Aufstellung liegen darin, dass sie immer nur eine Momentaufnahme ist, nie einen Vollkommenheitsanspruch einer feststehenden Wirklichkeit für sich beansprucht. Das bedeutet auch, sie gibt keine konkrete Handlungsanweisung. Die Praxis der Aufstellung lässt den Aufstellenden (z. B.) Unternehmer in seiner Verantwortung. Sie bedeutet nur eine Erweiterung seiner Wahrnehmung unter deren Einbeziehung er zu anderen Perspektiven und Entscheidungen kommen kann, aber keine Entmündigung.

Handelt eine Führungskraft in Übereinstimmung mit den hier angedeuteten systemischen Grundordnungen, so erreicht sie leichter eigene sowie unternehmerische Ziele; kommt mit einem Plus an Leichtigkeit ins Handeln.

Im Coaching-Kontext gewinnen die Systemaufstellungen noch eine andere Bedeutung. Beispielsweise geht es in einer „Karriereaufstellung“ darum, den Spieß sozusagen einfach um zu drehen – auf die Ebene des einzelnen Systemmitglieds zu gehen. Im Sinne eines „postheroischen“ Karrierebegriffs: Karriere als Möglichkeit, seine Verschiedenheit von andern zu leben – ein Unternehmen ist dafür da, um die Verwirklichung der eigenen Karriere zu erreichen. Unter dieser Prämisse sieht eine Organisationsaufstellung sicherlich anders aus. Hier können die Einsichten in ein Unternehmen für die eigene Karriere genutzt werden, beispielsweise um die Frage zu klären, ob das Unternehmen xy wirklich zu mir passt.

Ob auf Unternehmerseite oder auf Seiten der Führungskraft: Organisationsaufstellungen können sinnvoll von beiden genutzt werden, um in ein proaktives und selbst verantwortetes Handeln zu kommen. Eine Methode um Zukunft zu gestalten – gleichermaßen im Unternehmens- und im individuellen Karriereinteresse.

Die Anwendung von Organisationsaufstellung bedeutet damit auch eine Verabschiedung von der Kontrollillusion. Aufstellungen und Coaching nutzen in hohem Maße die wesentlichen Erkenntnisse der Systemtheorie und des systemischen Denkens. Gerade der Wunsch „alles unter Kontrolle zu haben“, der immer wieder auch bei Führungskräften zu finden ist, muss in der Arbeit  auf Systemebene aufgegeben werden.

Das bedeutet nicht, dass das Chaos die Herrschaft übernimmt. Vielmehr zollt diese „andere“ Haltung einer Macht Tribut, die größer ist, als wir sie im Einzelnen glauben zu besitzen: Systeme sind grundsätzlich nicht kontrollierbar oder berechenbar. Und jeder einzelne ist Teil mehrerer Systeme, immer. Es macht Sinn sich der Illusion zu entledigen, dass es doch irgendwie gehen könnte, Kontrolle darauf auszuüben. Wenn wir in unserem Kopf zulassen, dass wir unbewusst nach den Gesetzen von Systemen funktionieren, ihnen sogar dienen, sich zu erhalten, warum dann nicht diese Methode zum eigenen Nutzen einsetzen?

Drei Gründe, es nicht zu tun: Erstens, die Angst vor Kontrollverlust. Zweitens, das fehlende Vertrauen in eine gesellschaftlich noch nicht anerkannte Methode. Drittens, die Scheu, sich mit persönlichen und „geheimen“ Unternehmensinformationen mehreren Menschen, einer Öffentlichkeit, anzuvertrauen.

Im Schutzraum des Coachings wird diese Methode bereits vielfach angewandt. Eine gute Möglichkeit. Ein Mangel besteht darin, dass auf Wahrnehmungen und Äußerungen von Stellvertretern verzichtet werden muss. Die Erfahrungen aus Einzelaufstellung beschränken sich ausschließlich auf das Einfühlen zweier Personen. Vertrauen als Konzept, das ist die Voraussetzung für ein offenes Setting mit mehreren Teilnehmern. Der Gewinn: kraftvollere Lösungen. Erstens, „sicht- und spürbare“ Veränderungen im Hinblick auf den Erhalt des Systems Unternehmen. Zweitens: Klarheit in Führung und Struktur – prozesshaft orientiert.

Cornelia Papsch
im August 2006


Postheroisches Management für Führungsnachwuchs (1)

Wie ein einstieg gelingen kann: fÜHRUNGSNACHWUCHS UND DIE CHANCEN DES POSTHEROISCHEN MANAGEMENTS



Jemand anderen als Führungskraft zu akzeptieren und damit zu leben, ist nicht die leichteste Übung; da sind sich die meisten Führungskräfte schnell einig. Sich selbst aber auf dieses schwierige Feld zu begeben, ist oft noch um ein vielfaches heraus­fordernder. Handelt es sich doch bei Führung – außer in den Personalabteilungen – immer um ein Feld, auf dem man weder ein Diplom noch sonstige Ausbildung hat.

Daher ziehen viele die Fachaufgabe deutlich vor und erhöhen die Zahl der Überstunden – nur diesen Sommer noch! – erneut, erhöhen die Anschlagszahl beim Tippen von brisanten E-Mails, die Taktzahl beim Rudern durch das Meer der Aufgaben. Vielen von uns ist es so oder ähnlich ergangen, vor allem, wenn wir über herausragende fachliche Arbeit im Unternehmen aufgefallen sind und der Aufstieg quasi nur durch Kündigung zu verhindern gewesen wäre.

Gute fachliche Arbeit befähigt Menschen in vielen Unternehmen zum Aufstieg. Die dazu nötigen Tools und Techniken, sich und andere zu führen, erwerben viele von ihnen jedoch erst anschließend. Deshalb ist auch der Einstieg in Mitarbeiterverantwortung von denen gefürchtet, die einem bestimmten Fachgebiet zugetan sind, das nicht Unternehmensführung heißt. Diese Führungsaufgabe verändert den Arbeitsalltag vollständig.

Es bedarf manchmal einiger blauer Flecken, um einzusehen, dass Sie auf der Ebene der Führungskraft mit dem alt vertrauten Erfolgsmodell des harten Einsatzes nicht mehr weiterkommen. Im Gegenteil: wenn Sie auf der Ebene von Führung weiterhin selbst harten Einsatz in der Sache zeigen, dann behindern Sie nur sich und andere, denn Sie behindern Führungsarbeit und Ihre Möglichkeit zur Delegation.

In der Medienbranche, die mir besonders gut vertraut ist, arbeiten viele hoch motivierte Führungskräfte mit hohem Wertanspruch. Fast alle haben als Journalisten, Reporter oder Redakteure begonnen. Sie messen sich selbst und ihre Leistungen auch dann noch an der Härte ihres Einsatzes, wenn schon längst die Qualität von Meetings, Kommunikation, Delegation im Vordergrund stehen müssten.

Zusätzlich hinderlich wirken sich folgende beiden Faktoren aus: Mangel an Vorbildern und „das Gute im Schlechten“. Beginnen wir mit den Vorbildern: Wir sind in unserem Wirtschaftsraum sicher nicht überreich gesegnet mit Persönlichkeiten, die in gleicher Weise Vorbilder für die Rollen der überzeugenden Führungskraft und des respektablen Menschen abgeben können. Vielleicht hilft ein suchender Blick auf andere Führungskräfte hier dennoch sinnvoll weiter: Gibt es nicht doch zwei, drei Manager, an denen Orientierung denkbar wäre? Vielleicht ist es diese Fähigkeit oder jenes kluge Verhalten, das Sie schätzen und in Ihren eigenen Instrumentenkoffer übernehmen können.

Zweitens denke ich an die Idee des „Sekundärgewinns“ bei zu viel und zu harter Arbeit, vor allem im alten Fachgebiet, auch wenn der Schwerpunkt schon längst auf Führung liegen sollte. Zunächst zum Begriff: Sekundärgewinn bedeutet, dass einer an und für sich negativen Angelegenheit bei näherer Betrachtung positive Aspekte abzugewinnen sind. Nehmen wir das Beispiel Grippe: über den negativen Effekt hinaus könnte möglicherweise ein Gewinn darin bestehen, dass ich z. B. die unbedingt nötige Ruhephase, die diese Grippe meinem Körper verordnet, mir selbst zugestehen kann.

Auskunft zu einem potenziellen Sekundärgewinn im Fall von zu harter Arbeit  könnten Antworten auf folgende Fragen geben: Welcher Sache gehen Sie auf diese Weise erfolgreich aus dem Wege? Macht es Sie zu etwas Besonderem? Wem sind Sie auf diese Weise treu? Oder alternativ: An wem rächen Sie sich, indem Sie so hart arbeiten? Die Antworten erscheinen manchmal verrückt, manchmal sofort einsichtig. Sie können auf tiefere Muster hinweisen, die handlungsleitend sind, obschon Ihnen selbst nicht bekannt.

Möglicherweise macht der Aspekt der Ausbeutung anderer es ebenfalls schwierig, sich in eine Führungsrolle zu begeben und sich dort auch noch wohl zu fühlen. Theoretisch geht es ja auch hier im Wesentlichen um die entscheidende Frage: Wie gewinne ich meine Mitarbeiter dafür, ihr Potenzial auszuschöpfen, ihren höchsten Grad an Kompetenz zu erreichen und sich voll zu engagieren für die gemeinsamen Ziele? Hier sind wir moralisch angesprochen und tun uns, besonders wenn wir aus Familien mit hoher sozialer Verantwortung kommen, schnell schwer.

Was uns dann letztlich in eine Entscheidung zwingt und zu einem Entwicklungssprung verhilft, ist die schiere Not. Wie werde ich endlich den wachsenden Druck los, der dadurch entsteht, dass ständig mehr Arbeit und Verantwortung an mir hängen bleiben? In diesem Zwiespalt wird dann sehr konkret deutlich, dass ich jetzt delegieren muss und alles andere mich völlig überfordert.
Dazu eine kurze Geschichte (2):

In alten Zeiten fanden sich verschiedene Menschen in einem herrlichen Palast gefangen, der sich auf Kreta befand und auch das bekannte Labyrinth beherbergte. Einer unter ihnen war voller Unruhe. Immer wieder schlich er scheu zu einem dunklen Tor, hinter dem, so wurde kolportiert, das pure Verderben lauerte.

Er hörte sich um unter seinen Mitgefangenen und erfuhr, dass schon etliche das Tor gewaltsam durchbrochen hatten. Und da nachweislich keiner zurückgekehrt war, wuchs unter ihnen die Furcht.
Der Gefangene wurde nachdenklich und setzte seine Betrachtungen des Tors fort. Bis er plötzlich eines Nachts das dunkle Tor durchbrach – und im Freien stand.

(1) Angelehnt an Witzer, Brigitte: Die Zeit der Helden ist vorbei. Redline-Wirtschaft, 2005, 2. Kapitel.
(2) nach Hellinger, Bert: Die Mitte fühlt sich leicht an. Vorträge und Geschichten.
     München, 2000. S. 193.


Quelle: Der Brockhaus: in 15 Bänden. Permanent aktualisierte Online-Auflage.
Leipzig, Mannheim: F. A. Brockhaus 2002–2006.
© Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim


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